Second Life – unser Special

Nachdem Second Life derzeit so populär ist, haben wir ein kleines Special zur zweiten Welt im Internet eingerichtet. Wie sich das ausweitetet, erahnen wir noch nicht. Dazu können wir zu wenig absehen, was sich aus Second Life noch entwickelt.

Second Life – die persönliche Sinnfrage

SecondLifeSecond Life (im Folgenden SL) ist in aller Munde. Kaum eine Zeitung, ein Online-Medium oder auch Zeitschrift, die sich derzeit nicht auf das Thema stürzt. Selbst der Spiegel macht SL in seiner Ausgabe 8 vom 17.02.2207 zum Titelthema und widmet ihm tatsächlich 12 Seiten. Vor einem halben Jahr noch weitgehend unbekannt, ist die Aufregung um das digitale Leben im Internet jetzt kaum noch zu übertreffen.

Mercedes, Mazda, Adidas, Reuters und ich weiß nicht wer noch, hat eine virtuelle Dependance im zweiten Leben eröffnet, Schweden hat mittlerweile sogar schon eine Botschaft dort. Liest man sich mal in Foren, Blogbeiträgen und -kommentaren um, ist die allgemeine Meinung allerdings doch eher bescheiden. Ausgenommen sind hiervon natürlich die speziellen Websites, die Second Life als Thema haben.

Was bringt einem Second Life? Was ist das eigentlich? Genaue Aussagen dazu findet man bei Wikipedia (zum Beispiel). Es ist auf jeden Fall kein Online-Game, wie häufig behauptet wird. Es ist ein virtuelles zweites, ein anderes Leben, ganz wie der Name es behauptet. Hier kann man sein, wer man im ersten richtigen (und meine bescheidenen Meinung nach wichtigerem) Leben schon immer mal sein wollte. Oder so. Doch was ist es für unsereinen, der das Ganze toll finden soll? Das ist doch die eigentliche Frage. Ich bin hier jetzt mal ganz subjektiv. Nein, ich kenne nicht die Hintergründe, wer Linden Lab ist, was eine Ailin Gräf damit zu tun hat, außer dass sie irrsinnig viel Geld mit Immobilien-Verkäufen in SL gemacht hat. Ehrlich gesagt, interessiert mich das nun auch nicht sonderlich.
Irgendwann, es war als Arktis das Apfelland eröffnete, meldete ich mich da auch mal an. Ich wollte wissen, was das nun ist. Wir hatten schon öfter mal SL bei den Apple Downloads gesehen, wirklich interessiert hat es uns aber nie.

Apfelland


Die Mac Essentials wollten auch eine virtuelle Senfkeller-Party dort veranstalten, für uns ein wirklicher Grund, dabei zu sein. Vollkommen naiv machte ich mich daran, die erforderliche Software herunter zu laden. Mit dem G3 iBook wohlgemerkt. Beim Installieren fiel mir dann auf, dass ein Blick in die Systemanforderungen hilfreich gewesen wäre. Ein G4 Mac muß es mindestens schon sein. Also das (G4) PowerBook und den gerade eingetroffenen (Intel) iMac für Schwiegerpapa befragt. Entgegen der landläufigen Meinung gibt es sehr wohl einen kostenlosen Basisaccount, den kann man ganz ohne Kreditkarten und Paypal-Angabe bekommen. Man ist dann nur ein wenig in seinen SL-Möglichkeiten eingeschränkt, bekommt zum Beispiel kein Geld (Linden-Dollar) zur Verfügung gestellt. Auch kann man kein Land kaufen.

Was fiel als erstes beim Betreten des zweiten Lebens auf? Es ist zäh, unendlich zäh. Mit dem PowerBook G4. Der iMac machte schon eine deutlich bessere Figur. Rendering ohne Ende fordert die Ressourcen der Hardware. Auch die Online-Verbindung sollte eine gute sein, je schneller das DSL um so besser.
Mittlerweile ist das iBook gegen ein MacBook ausgetauscht. Mit SL fiel die Entscheidung bei der Beurteilung der Leistung von Hardware in Zukunft auch Second Life zu Rate zu ziehen. Das MacBook macht kurz nach dem Betreten der virtuellen Welt einen auf Hubschrauber. Der Lüfter springt an, es läuft heiß und denkt auch nicht im Traum daran, mit dem einen oder anderen wieder aufzuhören, während SL aktiv ist. Die Geschwindigkeit im SL ist auch schlechter als auf dem iMac. Kurzum: SL braucht Kraft, frißt Akkuzeit und verdirbt des Öfteren den eventuell aufkommenden Spaß am zweiten Leben, weil es so ressourcenhungrig ist und (fast) nichts mehr geht.

Was hat man nun aber von der Benutzung von SL? Was ist es außer einem Zeitkiller? Für mich zur Zeit in erster Linie ein Chat. Ganz einfach. Ein Chat mit 3D Funktion, etwas herumlaufen und -fliegen. Ich persönlich finde das netter als die herkömmlichen Chaträume, in denen nur Buchstaben zu lesen sind. Ja, Unterhaltungen im Real Life sind immer noch besser und flüssiger, das würde ich niemals abstreiten. Aber das ist manchmal doch etwas schwierig, wenn man sich mit Freunden über ein paar 100 km unterhalten möchte, insbesondere, wenn es mehrere an mehreren verschiedenen Orten sind.
Man weiß natürlich bei weitem nicht, in wie weit der sogenannte Avatar des Gegenübers Ähnlichkeiten mit der wirklichen Person dahinter hat, wenn man die Leute nicht persönlich kennt. Aber die Gestaltung der Avatare kennt kaum Grenzen. Hier sieht man mal, was manch einer sich einfallen läßt, um aufzufallen oder auch, um genau das nicht zu tun. Die Grundmöglichkeiten, seinen Avatar zu gestalten können auch für Basis-Mitglieder durch sogenannte Freebies aufgestockt werden. Da kann man sich seinen Kleiderschrank schon ganz gut erweitern, ohne auch nur einen Linden investiert zu haben.

Caledon

SandboxWas aber sonst? SL bietet noch viel mehr Möglichkeiten. Man kann durch die unterschiedlichsten Welten reisen. Zu Fuß, per Teleport und fliegender Weise. Der eine oder andere, der mehr hat als einen Basis-Account wir auch andere Fortbewegungsmittel käuflich erwerben können. Was mir extrem negativ auffällt und was mich auch sehr nervt, ist dass die Casinos, Sexburgen und dergleichen unverhältnismäßig stark vertreten sind. Eine Insel zu finden, die frei davon ist, ist schon schwierig. Auch hierfür braucht man ein wenig Such-Erfahrung. Ich denke, mit dem Hype um SL sind auch die Leute in Scharen gekommen, die das große Geld machen wollen. Sei es virtuell oder über das virtuelle im realen Leben.

Der eigentliche Reiz von SL ist jedoch ein ganz anderer. Ohne auch nur einen Cent zu investieren, kann man hier in öffentlichen sogenannten Sandboxes seine eigenen Objekte bauen. Sei es Häuser, Fahrzeuge, Kleidung oder was auch immer. Ein Problem: Zur Hauptzeit eine Sandbox zu finden, in der man Platz hat und wo das Geschehen nicht ohne Ende zäh ist, ist manchmal ziemlich schwierig. Noch ein Problem: Man muß üben. Noch ein Problem: Wirklich schöne, kunstvolle oder auch interessante Objekte bauen kostet Zeit.

Meine Bewunderung gilt den Leuten, die diese Zeit und diese Fähigkeiten haben. Sucht man in der SL Suche nach beliebten Orten, wird man dort in erster Linie Casinos und dergleichen finden, alles andere als eine Aufforderung mal durch das zweite Leben zu reisen, meine ich. Gibt man sich bei der Suche allerdings etwas Mühe, findet man ganz andere Möglichkeiten, SL zu nutzen. Sei es ein schönes Wäldchen oder ein Park, eine altertümliche Stadt, aktuelle Bauten. Es gibt nahezu keinen Baustil vergangener und zukünftiger Zeiten, den man in SL nicht findet. Gibt es einen? ich weiß es nicht, so weit bin ich auch noch nicht herumgekommen. Ich weiß inzwischen nur, dass man da sogar einiges lernen kann, auch Universitäten sind in der virtuellen Welt vertreten. Es ist wirklich unglaublich, WAS es in Second Life alles gibt, was sich manche Leute für eine Mühe geben, ihre Insel, ihren kleinen eigenen Fleck auf der Karte schön zu gestalten. Man muß nicht die Mallorca-Ballermann Ecken in SL nutzen, wenn man nicht will. Das ist wie im ersten Leben.

SecondLife

Fazit:

Ich finde Second Life hochinteressant. Das nicht in erster Linie, weil ich es da so toll finde, oh nein. Sondern viel mehr, weil ich das Gefühl habe, das sich daraus etwas ganz großes entwickelt. Was? Ich habe keine, aber auch wirklich keine Ahnung. Noch ist SL von der Software her extrem überarbeitungs bedürftig. Es ruckelt und schneckt an allen Ecken und Kanten, stürzt gerne mal ab, die Hardware-Voraussetzungen sind enorm. Aber das Internet selbst war am Anfang auch nur für ganz wenige wirklich nutzbar.
Ich glaube, ich suche in SL das, was diese große Öffentlichkeits-Furore bewirkt, das, was das Ganze so reizvoll macht. Und ich frage mich eben, was daraus noch werden kann und ob man sich nicht besser rechtzeitig seine eigene Insel kauft, um später dabei sein zu können. Letzteres sehe ich nun aber wieder überhaupt nicht ein, dafür ist mir mein reales Geld viel zu schade. Denn das richtige Leben ist doch um einiges wichtiger und irgendwie auch interessanter. SL kann allerhöchstens ein Teil des richtigen Lebens werden. Ein ganz kleiner, winziger Teil. Ich sehe in SL allerdings genau da die Gefahr für manch einen Menschen, der im wirklichen Leben nicht so ganz zu Recht kommt, Die Gefahr, das er vollkommen der Wirklichkeit entflieht und nur noch im SL mit seinem Avatar existiert. Mal kurz angedeutet, was ich denke. Die Sucht- und Realitätsfluchtgefahr ist auf jeden Fall vorhanden.

Mein reales Leben fordert mich umfassend. Da reicht für mich ein Basis-Account vollkommen aus. Wenn ich auf bekannte Leute treffe, bleibe ich bei meinen Aufenthalten in SL eh im Chat hängen. Zum Herumreisen, Sightseeing, Geschichte angucken, für einen Kaufrausch fehlt mir die Zeit. Auch wenn ich schon die eine oder andere Insel entdeckt habe, in der ich spontan gesagt habe: Ja hier gefällt es mir, hier bleibe ich. Oder auch ein Häuschen, ein Schiff, welches mir im wirklichen Leben sehr gelegen käme. Man bekommt durchaus auch Anregungen, die man mit in die wahre Welt nehmen kann, das Angebot ist unendlich vielfältig.

SecondLife

Das Bauen ist für sehr viele sicher das Hauptelement in SL. Die Geschäftemacher (als Hauptargument Geld scheffeln) lasse ich in meiner Meinung außen vor, die gibt es auch im wirklichen Leben, da fallen sie nur weniger auf und sind nicht so zahlreich vorhanden. Fragen nach Sex nerven wie auch in einem normalen Chat, meine Ruhe hab ich auch in SL ganz gerne. Zurück zum Bauen. Ich habe kürzlich die ersten Versuche gestartet, es geht ganz gut. Man kann wirklich tolle Sachen entwerfen, was im wirklichen Leben niemals möglich wäre. Man kann sie anderen Leute einfach so zur Verfügung stellen, oder eben auch verkaufen. So richtig weiß ich mit der Bauerei jedoch nichts anzufallen. Ich habe kein Land, auf das ich etwas stellen könnte. Und ehrlich gesagt habe ich auch gar keine Zeit für ausgefeilte Objekte, für Bauten, die es lohnen würde zu erstellen. Ich bin Mutter, ich habe eine Familie, ich habe einen Beruf und ich habe ein echtes Leben. Das verdient mich mehr als das SL.

Kurz gesagt: SL reizt mich, aus mir selber nur bedingt nachvollziehbaren Gründen. Die große Medienaufregung drumherum verstehe ich nicht wirklich, ich frage mich aber dennoch, was daraus noch wird und werde schon alleine deswegen ein wenig dabeibleiben, nette Leute treffen, durch Welten reisen, mich umsehen, dort wo es mir gefällt. Und vielleicht kann ich eines Tages ja mal sagen: Ich war damals schon dabei, auch wenn es nur ein ganz klein wenig war und davon berichten, wie viel schlechter die Performance und was weiß ich nicht noch alles war. Wie so viele Leute meinten, das wäre total überflüssig. Ich glaube, das sind ein wenig Pionier-Gedanken. Vielleicht verabschiede ich mich aber auch bald wieder aus SL, weil mir das Verhältnis zwischen Zeitaufwand und Nutzen einfach nicht einleuchtet. Ich bin schließlich kein Baumeister. Alles eine Frage des Standpunktes.

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